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Wertschätzung / Energieausgleich

Wunsch, Realität und Machbarkeit liegen manchmal weiter voneinender entfernt, als mir lieb ist :-)

Ich träumte schon immer von einer Welt, in der es kein Geld gibt, in der jeder das tut, was er wirklich gut kann und mit Liebe und Freunde gerne macht. Da gibt es eine Überzeugung in mir, dass dies möglich wäre und dass wir alle dann in einer größeren Fülle und Zufriedenheit leben würden, als in diesem System, wo ohne Geld ganz vieles völlig unmöglich ist. Sicher kann man ohne Geld leben, auch in unserem System, denn niemand fällt tot um, nur weil er kein Geld hat. Doch wird dieses Leben dann zu einer Art Hindernislauf, zu echter Lebenskunst und nicht selten gelingt es nur dadurch, dass man andere für sich bezahlen lässt.

 

Ich habe vor vielen Jahren entschieden, dass ich so wenig Geld wie möglich brauchen möchte. Dass ich mir mein Leben so einrichten möchte, dass ich durch das, was ich bin, kann und tue - Wert schaffe und dieser Wert mir Fülle beschert und Lebensfreude. Geld macht nicht automatisch glücklich, ein erfülltes Leben ist viel mehr, als viel Geld haben. Viel Geld haben, birgt sogar die Gefahr in sich, dass man an einem erfüllten, kreativen, selbst gestalteten Leben völlig vorbei schwimmt. Denn man konsumiert und lässt machen - statt es selbst zu tun, zu erfahren, zu erleben... Die Wertschätzung sich selbst gegenüber, kommt meiner Meinung nach auch daher, dass man sich selbst als wertvollen Menschen fühlen kann. Wann fühle ich mich wertvoll? Darauf gibt es sicher ganz unterschiedliche Antworten. Wichtig ist es, das für sich selbst herauszufinden.

 

Ich fühle mich wertvoll, wenn ich etwas zu geben habe, wenn ich etwas erschaffe, wenn ich so viel Fülle schaffe, dass ich Lust habe zu teilen. Aus diesen Prozessen habe ich diesen Platz hier erschaffen und es ist mir eine Freude, so viel mehr zu haben, als ich selber brauche und das mit anderen teilen zu können, erst dann macht es überhaupt Sinn, das Erschaffen und Gestalten.

 

Es kommt mir so vor, als kann ich das, was ich gebe beim besten Willen nicht in Geld umrechnen und eine Preisliste erstellen, das fühlt sich völlig unmöglich an. Wo sollte ich da anfangen zu rechnen? Bei der Zeit, die ich aufwende, um den Platz zu pflegen und zu gestalten, bei der Zeit, die ich aufwende, um das Gemüse anzubauen, bei dem Geld was ich investiere, damit hier alles da ist was es braucht? Soll ich die 8 Wochen als Fulltimejob sehen - weil ich in dieser Zeit nichts anders tue und tun kann, als einfach hier zu sein und für alles zu sorgen.

Eine Campteilnehmerin sagte mir, dass ich ganz andere Preise nehmen müsste, dass man für 25 € kaum ein Zimmer für eine Nacht bekommt und hier bekommt man sooo viel, darf sooo viel nutzen und man wird sogar noch lecker bekocht, mit frisch geerntetem Biogemüse. Ja, wenn man es so sieht, musste ihr Recht geben... Der Wert, von dem, was man hier bekommt, ist weitaus höher, als ein Gästezimmer der Preisklasse 25 € für eine Nacht. Sie fragte mich, was ich denke, was ein Mensch verdienen müsste, der 8 Wochen solch eine Arbeit macht, wie ich es hier tue..., der Hausmeisterin, Gärtnerin, Köchin, Kinderfrau, Organisatorin, Putzfrau, Gesprächstherapeutin, Köchin, Haushälterin und Einkäuferin ist... und der die Basis, die Grundlage für diese Arbeit auch noch selber stellt - also selbst gemacht hat ? Es müsste ja dann nicht nur meine Arbeitszeit und Leistung bezahlt werden, sondern auch anteilig das, was mich der Aufbau des Platzes gekostet hat.
Nach diesem Gespräch, in dem es noch um alle möglichen Detailles ging, war ich völlig durcheinander und konnte zwei Nächte nicht schlafen.

Mir fiel einfach nichts ein, was ich da dagegnen setzten konnte und doch spüre ich, dass ich nicht bereit bin, diese 25 Euro oder mehr von jedem, der hier sein will zu verlangen. Denn mein Gefühl ist, dass es mit Geld irgendwie gar nicht zu bezahlen ist. Das Ganze spielt sich für mich auf ganz anderen Ebenen ab. Gleichzeitig muss ich einsehen, dass auch ich Geld brauche und es lernen, das gern zu nehmen und mich herzlich darüber zu freuen.

Mir kommt da der Vergleich mit den selbst gestrickten Wollsocken, aus selbst aufgesammelter Wolle, die die Bauern hier wegschmeißen, weil sie zu schmutzig und zu schlecht geschoren ist, um sie zu verkaufen. Ich befreie die Wolle von grobem Schmutz, in meditativer Handarbeit, das dauert ewig. Dann wasche ich sie im großen Kessel, nach dem Spülen und Trocknen, wird sie gekämmt, dann versponnen und dann verstrickt. Die Zeit, die es braucht, um auf diese Weise ein paar Wollsocken zu machen, beträgt ca. 15-20 Stunden.
Bei einem Stundenlohn von nur 10 € müssten diese Socken mindestens 150 € kosten. Das ist nicht machbar. Das macht keinen Sinn.
Deshalb kann ich solch ein paar Socken nicht verkaufen, denn alles was unter 150 € wäre - wäre Selbstverachtend, meine Arbeit wäre weniger Wert als 10 € die Stunde, dabei ist es auch noch eine Art Kunsthandwerk... Diese Socken sind also auf gewisse Weise unverkäuflich und doch würde ich gern anderen damit eine Freude machen - denn wozu brauche ich alleine so viele Socken, wenn es nun mal das ist, was ich gern tue?

Und so ähnlich geht mir das mit dem Camp. Das was hier ist und was ich anbiete - ist eigentlich unverkäuflich und doch möchte ich es gern teilen und freue mich - wenn die Menschen mir ihre Wertschätzung in Form von Geld oder Unterstützung auf anderer Ebene zürück schenken...

 

Doch diese Art zu fühlen, zu denken und zu leben - wiederspricht ganz und gar dem, was die meisten Menschen gelernt haben in unserem System, einem System, wo alles seinen Preis hat, wo alles in Geld umgerechnet wird - egal wie ungerecht das am Ende ist. Da bekommt einer 500 Euro, für einen Vortrag von 30 Minuten - ohne etwas wesentliches gesagt zu haben und andere putzen dafür 50 Stunden Wohnungen von Menschen, die mehr verdienen als 10 Euro die Stunde.

Für mich ist die einzige Währung "Lebenszeit" und um so glücklicher ich beim Tun sein kann, um so weniger fühle ich, dass ich dafür bezahlt werden sollte. Wenn ich etwas tun muss, mich genötigt fühle - etwas, was ich von mir aus niemals machen wollte - dann wäre eine gute Bezahlung angebracht.  Als Schmerzensgeld sozusagen...  Wenn ich aber darauf achte, dass ich nur das tue, was für mich Sinn macht und was ich von Herzen gern tue - empfinde ich Bezahlung überflüssig und bin auf Spenden angewiesen, die ebenfalls von Herzen kommen :-)

 

Wie geht es dir damit, mit dem Thema "Geld verdienen"? Brauchst du klare Preisangaben, um dich wohl zu fühlen, oder kannst du gut damit umgehen, wenn jemand sagt: "Gib mir das, was es dir wert war?"